Landesregierung lässt die Tafel in der Corona-Krise im Stich

Brandenburger Tafeln in Sorge um Bedürftige

Die Auswirkungen der Corona-Krise machen sich auch bei den Tafeln im Land deutlich bemerkbar. Während immer mehr Menschen die Ausgabestellen aufsuchen, fehlt es dort an Lebensmitteln und Geld. Die Brandenburgischen Tafeln haben bereits mehrfach an die Landesregierung appelliert und um Unterstützung für Bedürftige und die Tafeln gebeten – ohne Erfolg.

„Während mehrere Bundesländer die Tafeln und andere gemeinnützige Organisationen bereits mit Soforthilfen oder Rettungsschirmen unterstützen, ignoriert die brandenburgische Landesregierung unsere Hilferufe bislang“, sagt Ulrich Boyer, Vorsitzender des Landesverbandes Tafel Berlin/ Brandenburg e.V.

Dabei ist die Lage in Brandenburg besonders angespannt, denn die Arbeitslosigkeit ist verhältnismäßig hoch und die örtlichen Lebensmittelspenden sind meist rückläufig. „Auf der einen Seite haben wir schon jetzt eine Vielzahl an Neuanmeldungen. Die Menschen, die erstmals zu uns kommen, sind in Kurzarbeit oder haben ihre Arbeit verloren und sind oftmals verzweifelt. Auch bei bereits bestehenden Kundinnen und Kunden steigt der Bedarf an Lebensmitteln, denn kostenloses Schul- oder Kita-Essen und Mittagstische fallen weitestgehend weg“, schildert Ulrich Boyer die Situation. Im April ist die Arbeitslosigkeit in Brandenburg in Folge der Corona-Pandemie stark gestiegen, über 83.000 Menschen sind derzeit ohne Job. Die Kurzarbeit ist auf einem historischen Höchststand. Die 43 Tafeln im Land Brandenburg unterstützten zuletzt regelmäßig 60.000 Menschen. Der Landesverband rechnet mit einem großen Anstieg in den kommenden Monaten.

„Es entsteht das Gefühl, dass sich die Landesregierung auf unser ehrenamtliches Angebot verlässt, um die zunehmende Not der Menschen abzumildern. Trotz schwierigster Bedingungen hatten in Brandenburg fast alle Tafeln in den letzten Wochen durchgängig geöffnet und haben mit erheblichem Engagement und Hilfe aus der Bevölkerung schnell auf Lieferdienste oder andere kontaktarme Angebote umgestellt. Es ist auffällig, dass staatliche Hilfen bislang vor allem in Bundesländern bewilligt wurden, in denen die Tafeln zu einem großen Teil vollständig schließen mussten. Doch auch in Brandenburg sind unsere ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer an der Belastungsgrenze und unsere Infrastruktur ist ausgelastet. Wir können deutlich weniger Lebensmittel pro Kopf verteilen und brauchen jetzt dringend ein Signal der Unterstützung aus der Politik“, fordert Ulrich Boyer. Besonders problematisch ist, dass die Spenden von örtlichen Supermärkten nach wie vor rückläufig sind. Großspenden von Herstellern oder Gastronomen nehmen dafür bundesweit zu, doch die Lager- und Transport-Infrastruktur der Tafeln ist zwischenzeitlich ausgelastet.

Hunderte Paletten Tiefkühl- oder Frischware können deshalb nicht angenommen und verteilt werden. „Dabei würden wir die Lebensmittel so dringend für unsere Kundinnen und Kunden benötigen. Wir müssen verhindern, dass genießbare Lebensmittel vernichtet werden, während Menschen einen leeren Kühlschrank haben“, sagt Ulrich Boyer. Auch vor der Corona-Krise mussten Tafeln bundesweit immer wieder Spenden ablehnen, weil Lagerkapazitäten fehlen. Die Landesregierungen in Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Bayern unterstützen die dortigen Landesverbände der Tafeln deshalb bereits finanziell beim Ausbau der Infrastruktur.

Die Tafeln in Brandenburg benötigen finanzielle Soforthilfen zum Aufbau oder zur Weiterführung von Lieferdiensten, dem Vorpacken von Lebensmitteltüten, Schutzkleidung und Hygienemaßnahmen.